Das Kulturamt informiert:
KUNSTSAMMLUNGEN erhalten Spätwerk von Max Pechstein
Das Max-Pechstein-Museum in Zwickau in der Lessingstraße 1 ist bald um ein Exponat reicher. Die Enkel von Max Pechstein, Julia und Alexander Pechstein, übergeben am 7. November 2018 die Tempera-Malerei „Drei Palauerinnen nach dem Bad“ von 1949. Allein durch seine Größe nimmt das Exponat eine besondere Stellung innerhalb des Gesamtwerkes des Künstlers ein.
Der intensiv rot-orange glühende Sonnenball leuchtet durch das üppige Grün der exotischen Landschaft. Eine nur mit einem gelben Grasrock bekleidete Frau sitzt auf einem Hocker, ihr zugewandt eine Kniende, ebenfalls im gräsernen Rock, zu ihrer Linken und eine gänzlich unbekleidete Südsee-Schönheit zu ihrer Rechten. Zu ihren Füßen kriechen Schlange und Eidechse. Ein Mann bewegt sich von der Gruppe weg in Richtung eines kleinen blauen Sees hinter ihr. Umrahmt und geschützt von palmenartigen Bäumen und hohen Gräsern, zwischen denen immer wieder große, rote, exotische Blüten hervorleuchten, baden hier zwei weitere Frauen.
Das 232 × 189 cm große, auf Karton ausgeführte Gemälde zeigt eine Südsee-Interpretation, die für Pechsteins späte Schaffensphase typisch ist. Sie wurzelt in einem damals bereits 35 Jahre zurückliegenden, den Künstler nachhaltig prägenden Aufenthalt auf den Palau-Inseln im Südpazifik. Gleichermaßen fasziniert wie inspiriert war Max Pechstein seit seiner Studienzeit in Dresden ab 1900 von der reduzierten Formensprache afrikanischer und ozeanischer Kunst. Jene Leidenschaft teilte er auch mit seinen „Brücke“-Kollegen. Besonders die Palau-Sammlung im dortigen Völkerkundemuseum, darunter ein mit Schnitzereien und Malereien verzierter Hausbalken, hatte es den jungen Künstlern angetan. In seinen Memoiren erinnert sich Pechstein, dass dieser Balken in ihm den Entschluss geweckt habe, in die Südsee zu reisen. 1914 war es soweit. Die Reise von Max Pechstein und seiner jungen Ehefrau Lotte war vom Wunsch motiviert, „allem Gezwungenen und Kultivierten“ zu entfliehen. Rückblickend vom Künstler als großes Abenteuer beschrieben, war der Aufenthalt voller Strapazen und nahm mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs einen unvorhergesehenen Verlauf. Kriegsgefangenschaft und der mehrheitliche Verlust seiner vor Ort geschaffenen Werke gingen damit einher. Ungeachtet dessen wurde die in der deutschen Kolonie verbrachte Zeit für Pechstein zunächst ab 1917 und verstärkt nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Schlüsselmotiv seiner Kunst. In Hunderten von Gemälden und in einer Lithographie-Mappe übermittelt er ein romantisiertes Bild der Südsee, das natürlich von seinem eigenen Ideal getragen wurde: der Einheit von Mensch und Natur, Leben und Kunst. Die Klischees vom unberührten Wilden waren gemeinhin noch allgegenwärtig. Pechsteins Palau-Erfahrung wurde Teil seiner Identität. Bis an sein Lebensende dachte er nostalgisch an das „Paradies seines Lebens“ zurück.
In einer von Zerstörung und Elend bestimmten Zeit nach 1945 verleiht er seiner Hoffnung und Erinnerung mit hellen, strahlenden Farben Ausdruck. Gerade in seinen letzten Schaffensjahren lässt Pechstein einige seiner durch Flucht, NS-Diffamierung oder Krieg verlorenen Bilder wieder neu entstehen. Dabei bemüht er sich nicht um Authentizität, sondern interpretiert und kombiniert exotisch Anmutendes: So sitzt das den Betrachter anblickende Modell auf einem aufwendig geschnitzten Hocker aus dem afrikanischen Kamerun (der sich in Pechsteins eigener Sammlung befand), wohingegen Kleidung, zum Teil Frisur, Hals- und Haarschmuck typisch für die palauische Kultur sind. Die als verschollen geltende erste Ausführung des Motivs in einem Gemälde ist durch eine historische Fotografie in die Zeit um 1930 zu datieren. Eine vorbereitende kleinformatige Tuschpinselzeichnung („Drei Akte“, 1930) existiert noch heute. Ein weiterer Glücksfall: Zu entdecken ist das Bild im 1950 gedrehten Dokumentarfilm von Hans Cürlis, der den knapp 70-jährigen Künstler bei der Arbeit in seinem Atelier zeigt.
Das Magazin der Kulturstiftung der Länder, Arsprototo, ermöglichte einen Spendenaufruf in seiner Ausgabe vom Februar 2017. Dank dieser Unterstützung und der eingegangen, großzügigen Spenden konnte das Werk restauriert werden.
Das Max-Pechstein-Museum ist seit 2014 wichtiger Bestandteil der KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU. Zu sehen sind in der Dauerausstellung Werke aus sieben Jahrzehnten, angefangen beim frühesten erhaltenen Gemälde „Geierwally“ aus dem Jahr 1896 über die Werke der „Brücke“-Zeit bis hin zu Gemälden aus den letzten Lebens- und Schaffensjahren des in Zwickau geborenen Künstlers. In Sonderausstellungen stellt das Museum einzelne Aspekte zum Schaffen Max Pechsteins vor oder stellt sein Werk in den zeit- und kunstgeschichtlichen Kontext.
Aktuell und bis Januar 2019 ist in den KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU die Sonderausstellung „Back to Paradise“ zu sehen, in der über 100 Meisterwerke des Expressionismus zu sehen sind. Am Donnerstag, dem 8. November findet außerdem das wissenschaftliche Symposium „TANZ!kunst. Max Pechstein: Bühne, Parkett, Manege“ statt, das auch der Vorbereitung einer umfangreiche Sonderausstellung im kommenden Jahr dient. Anmeldungen sind noch möglich.
In ihrem Bemühen, Leben und Werk Pechsteins zu bewahren und zu erschließen, werden die KUNSTSAMMLUNGEN nachhaltig unterstützt. Zu den Förderern gehört in besonderem Maß die Max Pechstein Urheberrechtsgemeinschaft. Sie steht dem Museum nicht nur mit Rat und als Leihgeber zur Seite. Bereits mehrfach konnte die Stadt Zwickau Schenkungen entgegen nehmen. Schon zur Eröffnung des Pechstein-Museums übergab Alexander Pechstein ein umfangreiches Konvolut an Briefen und Postkarten. Danach folgten beispielsweise ein Reisetagebuch der ersten Ehefrau Max Pechsteins von 1914, originale Druckstöcke oder eine Malerei, die als Füllung für einen Paravent diente und zwischen 1945 bis 1947 entstand.
Die neueste Schenkung, das Großformat „Drei Palauerinnen nach dem Bad“, wird in den kommenden Monaten in den Kunstsammlungen zu sehen sein und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.