In der großen Eingangshalle präsentiert Annika Kahrs die Klang- und Videoarbeit the lord loves changes, it’s one of his greatest delusions. Die Arbeit geht auf die Auseinandersetzung mit dem Werk des afroamerikanischen Komponisten, Musikers und Performers Julius Eastman (1940-1990) zurück, der seine minimalistischen Kompositionen mit politischen, ökonomischen und religiösen bzw. spirituellen Aussagen verknüpft hatte. Für ihre Arbeit greift Annika Kahrs nun auf ein Stück von Eastman zurück, in dem die Melodie des Luther-Chorals Ein feste Burg ist unser Gott (vermutlich Ende 1527) Verwendung fand. Der Choral, der sozusagen als Protestlied der Reformationsbewegung gilt, wurde aber auch in späteren Zeiten und anderen politischen wie gesellschaftlichen Kontexten immer wieder umgedeutet.
So spiegelt für Kahrs dieses Musikstück eben nicht nur einen einzigen Kontext wider, sondern steht vor allem bezeichnenderweise für die ständige Verschiebung, Übersetzung und Umdeutung unterschiedlicher Machtstrukturen innerhalb eines gesellschaftlichen Raum-Zeit-Gefüges.
Aus Eastmans Stück und des Chorals selbst hat Annika Kahrs wiederum ein Orgelstück arrangieren lassen. Gemeinsam mit dem in London lebenden Komponisten Louis d’Heudieres wurde das Stück so konzipiert, dass ein Chor aus 26 PerformerInnen mit und gegen diese Orgelmusik anpfeifen kann. So tritt das kollektive menschliche Pfeifen gegen das mechanische Pfeifen der Orgel an. Über einen längeren musikalischen Prozess findet so ein Changieren zwischen melodischem Pfeifen und protesthafter Geste, bis hin zur sichtlichen körperlichen Erschöpfung, statt.
Annika Kahrs lebt und arbeitet in Hamburg und Berlin
1984 | in Achim geboren |
2005 bis 2012 | Studium der Freien Kunst an der Hochschule für bildende Künste Hamburg und Akademie der bildenden Künste Wien sowie Hochschule für Bildende Künste Braunschweig |